Klappentext:
„Dieses Land der Toten, ist das eine Welt wie diese hier, wie meine oder deine oder irgendeine andere?“, fragte Will. „Ist das eine Welt, in die ich mit dem Magischen Messer gelangen könnte?“ Lyra beugte sich über den Kompass. „Ja, sagte sie, „aber es ist ein düsterer Ort, Will. Wollen wir das wirklich wagen? Sollen wir ins Land der Toten gehen?“
Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass das Lesen dieses Buches für mich eine ganz neue Herausforderung und ein neues Erlebnis war. Grund für diese Einschätzung ist, dass ich das Buch nahezu zeitgleich mit einem guten Freund gelesen habe. Da sich unsere Lesetempos durchaus voneinander unterscheiden gestaltete sich der Leseprozess für mich als eine länger andauernde Angelegenheit, als ich gedacht hatte.
Achtung! Diese Rezension enthält Spoiler zu den ersten beiden Büchern!
Es liegt schon eine ziemliche Reise hinter Lyra und auch Will. Sie sind durch verschiedene Welten gereist, haben neue Protagonisten wie zum Beispiel Mary Malone kennengelernt und neue magische Artefakte wie das Magische Messer an sich gebracht. Der Kern der wirklich wichtigen Protagonisten ist noch immer der Gleiche: Lyra, Will, Lords Asriel und Mrs. Coulter.
Mrs. Coulter hat sich dafür entschieden, sich selbst und Lyra vor der Welt zu verstecken. Zu dem Zweck versetzte sie Lyra in eine Art Koma und hoffte, damit der Prophezeiung, die von Lyra spricht, aufhalten zu können. Doch Will ist als Lyras Freund unermüdlich auf der Suche nach ihr und schon bald bewegen sich die beiden Kinder wieder gemeinsam auf ihrem Weg. Gesteuert wird diese Reise durch das Alethiometer, Lyras wertvollster Besitz. Dieser Begriff bezeichnet einen Gegenstand, den andere „Wahrheitssager“ nennen und der tatsächlich Fragen mittels Zeichen beantworten kann.
Lyra und Will treffen auf ihrer Reise auf alte Bekannte wie Iorek oder Serafina, die mehr über die Welt zu wissen scheinen, als die beiden. Noch immer ist der Begriff „Staub“ nicht geklärt, doch es wird deutlich, dass diese unbekannte Größe viel mehr Einfluss auf das Leben aller hat, als zuvor angenommen.
Die Geschichte spaltet sich in verschiedene Handlungsstränge auf: Während Will und Lyra dem Rat des Alethiometers folgen und durch verschiedene Welten reisen, die sie immer wieder zu neuen Herausforderungen bringen, gibt es zum Beispiel noch Mary Malone.
Mary Malone wurde schon im zweiten Band vorgestellt, bekommt nun aber eigene Kapitel und eine eigene Geschichte. Die junge Frau findet sich in einer ihr fremden Welt wieder und muss unter Beweis stellen, wie gut sie mit den unbekannten Gegebenheiten zurechtkommt. Doch Mary Malone macht deutlich, dass sie nicht umsonst als intelligente Frau eingeschätzt wird. Sie macht sich mehr und mehr daran, mehr über Staub, oder wie sie es nennt „Schattenteilchen“, herauszufinden.
Aber auch Lord Asriel und Mrs. Coulter spielen eine entscheidende Rolle. Während man dank einiger Kapitel endlich versteht, warum Lord Asriel sich im ersten Band entschied, seine Welt zu verlassen, wird man aus Mrs. Coulter lange nicht schlau. Das Schicksal dieser beiden Protagonisten scheint aber unwiederbringlich miteinander verbunden zu sein. Es wird immer wieder deutlich, wie gut sich die beiden eigentlich kennen.
Lord Asriel gelingt es, immer mehr Wesen um sich zu scharren, die gemeinsam mit ihm gegen einen alles entscheidenden Kampf rüsten. Während er also beinahe hehre Ziele verfolgt, setzt Mrs. Coulter wieder einmal alles daran, sich selbst zum Vorteil zu gereichen. Doch innerhalb ihrer Aktivitäten wird deutlich, wie sich ihre Prioritäten langsam verschieben – eine Entwicklung, die ich so nicht erwartet hatte.
Die Geschichte baut sich an diesen verschiedenen Protagonisten auf und scheint einem steten Muster von Höhepunkten zu folgen. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen oder alles entscheidenden Ereignissen, bei denen die einzelnen Protagonisten beweisen müssen, was sie ausmacht und auf was sie vertrauen.
Gerade zum Ende hin – wie ich es schon aus den anderen Büchern kannte – nimmt die Geschichte extrem an Fahrt auf und es passieren an vielen Fronten viele rasante Entwicklungen. Ab und an ging mir das sogar zu schnell und ich musste einige Stellen zweimal lesen, um genau zu verstehen, was passiert war.
Besonders auf den letzten hundert Seiten hatte ich zudem das Gefühl, dass einige Dinge zu schnell passieren oder beinahe etwas zu gewollt wirken, obwohl deutlich wurde, dass lange auf sie hingearbeitet wurde. Einige wichtige Protagonisten kamen meiner Meinung nach viel zu kurz, die Geschichte wurde den Protagonisten meiner Meinung nach manchmal sogar fast aufgedrückt.
Das heißt allerdings nicht, dass das Ende nicht fabelhaft geschrieben und von den Protagonisten letztendlich doch gut ausgeführt wurde. Der Stil der letzten Kapitel, die immer wieder einen etwas rückblickenden Charakter haben, hat mir sehr zugesagt. Schlussendlich gehe ich mit einem einigermaßen zufriedenem Gefühl aus der Geschichte heraus. Ich denke zwar, dass noch nicht alle Fragen beantwortet wurden, hoffe aber auf weitere Einblicke in der Spin-Off-Serie.
Mit „Das Bernstein-Teleskop“ gelingt Philip Pullman erneut ein rasantes Abenteuer der Extraklasse, das vor fantastischen Elementen und unerwarteten Entwicklungen nur so strotzt. Ein gelungener dritter Teil, der die Hauptprotagonisten noch einmal fordert und sie auf ihrem Weg begleitet.
Lesen, wenn: Ihr herausfinden wollt, was Staub wirklich ist und ob Lyra und Will all ihre Abenteuer unbeschadet überstehen können.
Nicht lesen, wenn: Diese fantastische Geschichte, die Verfilmung des ersten Teils und das baldige Erscheinen der neuen Serie um die „Dark Materials“-Serie komplett an euch vorbeigegangen ist. Wagt ruhig einen Blick in diese Geschichte, die vor über 20 Jahren ihren Beginn nahm.