Klappentext:
Jeden Tag erwählt Chalid, der grausame Herrscher von Chorasan, ein Mädchen. Jeden Abend nimmt er sie zur Frau. Jeden Morgen lässt er sie hinrichten. Bis Shahrzad auftaucht, die eine, die um jeden Preis überleben will. Sie stehen auf verschiedenen Seiten und könnten unterschiedlicher nicht sein … und doch werden sie magisch voneinander angezogen…
Meine Meinung:
Ich bin jemand, der sehr für Rereads zu haben ist – und auch „Zorn und Morgenröte“ ist ein Buch, das ich vor ein paar Jahren schon einmal gelesen habe. Doch irgendwie kam ich nie dazu, den zweiten Band zu lesen und als es dann auch noch auf der Must-Read-Liste einer Freundin auftauchte, wusste ich, dass es an der Zeit war, noch einmal in diese Geschichte einzutauchen. Dass ich zudem ein Fan von Geschichten bin, die in dieser Kultur spielen (und ja auch selbst ein Buch geschrieben habe, was daran angelehnt ist), machte mir die Entscheidung leicht, erneut in die Welt von Chalid und Shazi einzutauchen.
Alles, was ich noch wusste, war folgendes: Das Buch ist an 1001 Nacht angelehnt, Shazi will Chalid eigentlich umbringen und mir hatte das Buch gefallen. Doch nun stellte sich heraus, dass meine Erinnerung daran strahlender war, als die Geschichte an sich.
Die Story beginnt direkt im Palast. Shazi hat diesen Ort, an dem junge Frauen sterben, freiwillig aufgesucht und ist nun Kalif Chalids Frau geworden. Dieses Privileg genießt zumindest für eine Nacht – denn jeden Morgen lässt der Kalif seine jungen und schönen Frauen umbringen. Der Grund dafür? Unbekannt. Was dazu führt, dass ihn das gesamte Volk von Chorasan als Ungeheuer und Monster abstempelt.
Shazi geht es nicht anders. Sie ist in den Palast mit einer Mission gekommen – sie will den Mörder ihrer besten Freundin umbringen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist sie zu allem bereit. Doch womit sie nicht gerechnet hat, ist Chalid selbst, der etwas tief in ihr berührt. Und Shazi wird klar, dass mehr hinter den Morden steckt, als es den Anschein hat.
Shazi ist eine sehr kapriziöse, sture und selbstbestimmte Protagonistin. Sie handelt eher, und denkt dann danach darüber nach. Der Verlust ihrer besten Freundin hat sie so erzürnt, dass sie ohne es wirklich durchzuplanen, dieses Himmelfahrtskommando gestartet hat. Doch Shazi ist auch mutig und loyal und durchzieht die gesamte Storyline mit ihrem eigenen Feuer.
Chalid dagegen wirkt oft gefasst, ruhig und sehr kühl. Nach und nach erfährt man von der Bürde, die auf ihm lastet und gerade, als ich das Gefühl bekam, den Kalifen als Charakter so richtig fassen zu können, endete das Buch. Daher ist er der Protagonist, auf den ich am gespanntesten bin!
Neben Shazis und Chalids Storyline gibt es noch die von Tarik, Shazis engstem Vertrauten und ihres Vaters. Die war zwar auch spannend, aber mich haben die Geschehnisse im Palast mehr gereizt. Ich bin dennoch gespannt, ob die Männer wissen, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen haben – habe aber eher das Gefühl, dass sie durch diese Kurzsichtigkeit ganz Chorasan ins Chaos stürzen werden.
Die Storyline hat mir erst nicht so gut gefallen. Dass man praktisch mitten in die Geschehnisse reingeschubst wurde, fand ich nicht besonders elegant – man hätte noch etwas früher ansetzen sollen und so viel mehr Shazis Beweggründe darstellen können. Außerdem hätte man dann auch mehr über den Ablauf, wie eine junge Frau auserwählt und in den Palast gebracht wird, erfahren können.
Das Buch wird von vielen Leser*innen kritisiert und auch ich schließe mich dem an. Die Dissoziation, die anfangs bei einer bestimmten Stelle passiert, wird nicht weiter aufgearbeitet und Shazis Verhältnis zu Chalid ist auch fragwürdig. Einerseits sind sie oft sehr cute zusammen, aber andererseits dominiert Gewalt und Machtverhältnisse ihre ganze Beziehung.
Trotzdem konnte ich mich von dem Buch nicht losreißen. Zu sehr war ich gefangen von der Schönheit der Welt und der Kultur und zu sehr brannte ich darauf, zu erfahren, wie Shazi mit der Wahrheit umgeht.
„Zorn und Morgenröte“ bleibt ein Buch, über das man diskutieren sollte. Ich finde auch, dass Renée Ahdieh ihren Schreibstil erst in späteren Werken wirklich gefunden und gefestigt hat. Die Beziehung zwischen Chalid und Shazi ist schön, aber auch problematisch. Die Eigenbezeichnungen der Kultur und der Weltenbau sind dagegen wunderbar und toll ausgestaltet. Ich erhoffe mir eine starke Auseinandersetzung mit den Protagonist*innen im zweiten Band!
Lesen, wenn: Ihr in die Kultur des Morgenlandes eintauchen und eine Neuerzählung von 1001 Nacht lesen wollt.
Nicht lesen, wenn: Ihr nichts mit problematischen Beziehungen anfangen könnt.