Klappentext:
„Ich muss ihn kennenlernen. Ich halte es nicht mehr aus. Ist mir egal, wenn das alles kaputtmacht. Ich bin ganz dicht davor, meinen Laptop abzuknutschen. Blue Blue Blue Blue Blue Blue Blue.“
Was Simon über Blue weiß: Er ist witzig, sehr weise, aber auch ein bisschen schüchtern. Und ganz schön verwirrend. Was Simon nicht über Blue weiß: WER er ist. Die beiden gehen auf dieselbe Schule und schon seit Monaten tauschen sie E-Mails aus, in denen sie sich die intimsten Dinge gestehen. Simon spürt, dass er sich langsam, aber sicher in Blue verliebt, doch der ist noch nicht bereit, sich mit Simon zu treffen. Dann fällt eine der E-Mails in falsche Hände – und plötzlich steht Simons Leben Kopf.
Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich dieses Buch nicht lesen wollte. Das liegt nicht daran, dass ich dachte, dass mir die Geschichte nicht gefallen würde oder dass die Autorin nicht gut schreiben könnte. Das konnte ich ja gar nicht beurteilen – schließlich habe ich zuvor noch nichts von Becky Albertalli gelesen.
Aufmerksam auf diese Geschichte bin ich durch den Filmtrailer geworden. „Love, Simon“ – erinnerte mich doch nur allzu stark an das Buch von Cecelia Ahern „Love, Rosie“. Ich liebe sowohl das Buch als auch den Film von Cecelia Ahern und konnte absolut nicht verstehen, warum man sich Titeltechnisch bei Becky Albertalli an Cecelia Ahern orientierte.
Vermutlich hätte ich das Buch niemals gelesen. Wäre da nicht ein Freund gewesen, der schon mehrfach einen guten Geschmack bei Empfehlungen bewiesen hat. Er schwärmte immer wieder von dem Buch und da entschied ich mich, den Titel einfach zu übersehen und das Buch zu lesen. Und wie so oft bin ich sehr froh, dass ich mich dazu entschieden habe.
Die Geschichte startet an dem Punkt, an dem sich eine Veränderung in Simons Leben ankündigt. Simon ist, wie unschwer zu erkennen, der Hauptprotagonist. Er geht in Amerika auf eine Schule, ist ein ganz normaler Junge. Aber er hat auch ein Geheimnis: Er schreibt Mails mit jemanden, den er nicht kennt. Hinter dem Namen „Blue“ versteckt sich diese andere Person. Das wäre eigentlich nicht weiter aufregend, wenn Blue nicht die einzige Person wäre, die wüsste, dass Simon schwul ist. Die Beiden teilen viele Geheimnisse miteinander und nutzen die gegenseitige Anonymität aus, um sich über die Dinge auszutauschen, die sie mit niemanden sonst bereden wollen würden. Auch das wäre kein großes Problem. Wenn Martin nicht zufällig von diese email erfahren hätte und Simon mit seinem Wissen darüber nun erpresst, um über Simon an Abby zu kommen – eine von Simons besten Freundinnen.
Die Geschichte baut sich weiter rund um das Leben von Simon auf. Man lernt seine Eltern und seine Schwestern kennen und erfährt dabei, dass Simon aus einem sehr guten Elternhaus kommt. Das einzige Problem ist, dass auch sie nicht wissen, dass er schwul ist.
Simon ist eine von diesen wunderbar nerdigen Personen, wie sie eigentlich immer in Filmen oder Büchern vorkommen. Es gibt andauernd Hinweise auf Harry Potter, was ihn für mich sehr sympathisch gemacht hat. Gut fand ich auch, dass es in diesem Fall nicht darum geht, den Nerd darzustellen als einsame Person ohne Freunde, deren Leben an der Schule die Hölle ist. Simon hat gute Freunde, die alle einzigartige Charakterzüge aufweisen. Er führt ein gutes Leben, das mit jeder einzelnen E-Mail von Blue noch besser wird. Bis Simon immer mehr merkt, dass er Blue nicht mehr nur über die emails erreichen will. Er will ihn kennenlernen.
Simons Freundinnen Leah und Abby sind sehr unterschiedlich. Während Leah eine scharfe Zunge hat, vieles schnell persönlich nimmt und sich niemals unterkriegen lässt, ist Abby fröhlicher, nimmt das Leben leichter. Sie bilden einen wunderbaren Kontrast zueinander und zeigen beide, dass sie selbst auch gut Hauptprotagonistinnen sein könnten.
Nick ist ein totaler Ruhepol. Er und Simon kennen sich schon sehr lange und Simon weiß, dass er sich immer auf Nick verlassen kann.
All diese Personen – Simons Eltern und Geschwister, seine Freunde – bilden ein total stabiles Umfeld für Nick. Man könnte daher leicht meinen, dass es für ihn kein Problem sein sollte, sich zu outen. Denn schließlich weiß man genau, dass sein ganzes Umfeld ihn bedingungslos unterstützen würde. Aber dieses Buch zeigt wunderbar auf, dass das nicht alles ist.
Ich finde das Thema Homosexualität und Heterosexualität sehr interessant. So interessant, dass ich momentan eine Hausarbeit über die Dekonstruktion von Heteronormativität schreibe. Ich lerne dabei viel über die Geschichte der Homo- und Heterosexualität. Ich lese darüber, wie Menschen auf die Straße gingen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Von der Entwicklung, Homosexualität nicht länger als genetische Veranlagung oder gar als Krankheit zu sehen. Aber ich lese auch von Menschen in Tschetschenien oder in Brunei, die heutzutage noch für ihre Sexualität gefoltert und getötet werden.
Das Wissen um diese Aspekte ließ mich noch tiefer in die Geschichte eintauchen. Wenn Simon hinterfragte, warum nur Homosexuelle und nicht auch Heterosexuelle sich outen müssen, dann dachte ich mir, dass das total Sinn macht. Die Leichtigkeit und Einfachheit, mit der diese Gedanken in dem Buch einen Platz finden, macht es für mich zu einer einzigartigen Geschichte.
„Love, Simon“ hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe es wie in einem Rausch durchgelesen. Es hat mich an vielen Stellen sehr berührt. Meiner Meinung nach zeigt es sehr gut auf, wie die Realität für einen Menschen in Simons Position aussehen kann – was für Gedanken und Gefühle damit einhergehen. Dass Becky Albertalli all das aber nicht ausführlich anprangert, sondern eher passieren und in die Geschichte einfließen lässt, macht die ganze Story leicht und bietet Platz für Überlegungen, Gedanken und Diskussionen. Aber nur, wenn man will.
Lesen, wenn: Ihr eine Liebesgeschichte lesen wollt, die eure Herzen höher schlagen lässt – ich verspreche euch, dass sie echt und und realitätsnah ist.
Nicht lesen, wenn: Ihr nicht verstehen könnt, warum so ein großes Gewese um Heterosexualität und Homosexualität gemacht wird – obwohl, gerade dann solltet ihr dieses Buch lesen!