Klappentext:
Auf einer sturmumtosten Anhöhe in der Moorlandschaft Yorkshires liegt der Gutshof „Wuthering Height“. Noch trübt kein Mißklang das Familienleben des Besitzers, bis dieser eines Tages einen elternlosen Jungen aufliest und heimbringt. Von dieser Stunde an halten Neid und Mißgunst Einzug, mit denen der Sohn des Gutsbesitzers den Waisenknaben gnadenlose verfolgt. Und dieser nimmt satanische Rache, die nicht nur seinen Peiniger, sondern noch dessen Kindern heimsucht.
Meine Meinung:
Ich bin seit einiger Zeit Mitglied in einem kleinen Buchclub, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Klassiker zu lesen. Denn wir sind uns einig, dass wir davon noch viel zu wenig gelesen haben und es angebracht wäre, das mal nachzuholen.
„Sturmhöhe“ oder auch „Wuthering Heights“ ist eines dieser Bücher, die wir nun zusammen gelesen haben. Ich habe das Buch bereits zuvor einmal angefangen zu lesen, kam aber so gar nicht in die Geschichte rein. Das hat nun beim zweiten Mal zum Glück sehr viel besser geklappt!
Wenn man kurz zusammenfassen müsste, worum es in diesem Klassiker geht, dann würde ich sagen, dass es eine Art Familienfehde ist, die sich zwischen zwei Familien ereignet: Zwischen den Earnshaws und den Lintons. Beide Familien wohnen relativ nahe beieinander und begegnen sich in ihrem täglichen Leben dadurch natürlich öfter.
Die Earnshaws haben zwei Kinder: Hindley und Catherine. Als ihr Vater eines Tages von seinen Reisen mit einem Findelkind zurückkommt, wird die bis dato vorherrschende Idylle schnell gestört. Das Findelkind, das auf den Namen Heathcliff hört, avanciert schnell zum Liebling des Vaters, freundet sich mit Catherine an und streitet sich mit Vorliebe mit Hindley. Hindleys Verdruss darüber äußert sich in körperlicher Gewalt und einem Zorn, der über die Jahre immer mehr zunimmt.
Während Catherine und Heathcliff eine spannende Beziehung zueinander aufbauen, treten die Kinder der Lintons, Isabella und Edgar, in das Leben der Earnshaws und wirbeln die Beziehungen und Dynamiken noch einmal ganz schon durcheinander.
Es ist schwierig, nicht zu viel zu erzählen, obwohl sich die Geschichte einfach genau um diese Beziehungen dreht und die Strukturen und Entwicklungen dieser sehr im Fokus stehen.
Die Geschichte von Catherine, Heathcliff, Hindley, Edgar, Isabella und deren Nachkommen wird von Ellen Dean erzählt, einer Angestellten im Haushalt der Lintons. Sie erzählt diese Geschichte, die sich über dreißig Jahre erstreckt, dem neuen Pächter des Anwesens der Lintons, Mr. Lockwood. Es wird also klar, dass ich die Geschehnisse nur so anreißen kann, ohne zu viel zu verraten.
Ich muss gestehen, dass ich lange Zeit nicht so recht wusste, wo die Story mit mit hinwollte. Ich hatte zwar eine ungefähre Vorstellung davon, worum es in der Geschichte gehen sollte, aber ich konnte mir nur schlecht vorstellen, wo und wie das Buch enden soll. Vor allen Dingen, da ein so großer Zeitraum umfasst wird, war die Abschätzung des Endes eher schlecht. Das hat sich bis zu den letzten Seiten auch nicht wirklich geändert.
Im Kern der Geschichte steht auf jeden Fall Heathcliff und seine Beziehung zu Catherine Earnshaw. Die beiden haben eine ungewöhnliche Verbindung, die einerseits auf Liebe und andererseits auf Hass beruht. Sie können schlecht miteinander aber noch schlechter ohneeinander. Die Folgen, die eine derartige Beziehung haben können, werden hier im extremen dargestellt. Wie lange Zorn, Missgunst, Neid und Verrat das Handeln und Denken eines Menschen bestimmen können, werden in „Sturmhöhe“ auf einzigartige Weise dargestellt und formuliert.
Die Protagonist*innen sind nicht unbedingt die liebenswertesten und verstehen es, einander zu reizen und gegeneinander zu intrigieren. Sie sind einerseits damit sehr menschlich und andererseits sehr negativ konnotiert. Es gab einige, die über das ganze Buch hinweg nervig und unangenehm waren und bei anderen wechselte diese Einschätzung mit der Zeit immer wieder.
Die raue Schönheit von Sturmhöhe und dem Anwesen der Lintons nehmen einen wichtigen Platz in der Erzählung ein. Ich fühlte mich mit der Landschaft sehr vertraut und die Darstellung von Sturmhöhe trägt dazu bei, dass man sich auf diesem Grundstück unwohl fühlt, während es bei den Lintons eher gemütlich und heimelig wirkt. Es ist spannend zu sehen, wie die Beschreibung der Orte das Empfinden gegenüber der dortigen Ereignisse verstärken kann.
Ich habe das Gefühl, ich könnte mich noch in ellenlangen Beschreibungen über die Charaktere und die Geschehnisse zwischen den beiden Familien ergehen. Das ist aber nicht Sinn und Zweck dieser Rezension – dafür müsst ihr das Buch einfach selbst lesen. Ich hatte zwar meine Startschwierigkeiten, kam dann aber gut in die Geschichte rein und bin noch immer angetan von dem Schreibstil und den Protagonist*innen, die so ganz anders sind, als jene, die man in der modernen Literatur findet. „Sturmhöhe“ ist nicht ohne Grund ein Klassiker und ich hätte Emily Brontë zu gerne beim Schreiben begleitet, um herauszufinden, woher sie ihre Inspiration nimmt und wie sie diese Geschichte konstruiert hat. So oder so nimmt das Buch einen wichtigen Platz in der Literaturgeschichte ein und präsentiert eine Geschichte, die voller wandelbarer Charaktere, dunkler Gedanken und verborgenen Wünschen ist.