Klappentext:
„Mein Vater hatte mir mein eigenes Schicksal offenbart, ohne großes Zeremoniell, kurz nachdem meine Lebensgabe voll zutage getreten war: Das zweite Kind der Familie Noavek wird die Grenze überqueren. Ein seltsames Schicksal für die Tochter einer gesegneten Familie …“
Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Cyra, Schwester des tyrannischen Herrschers Ryzek vom Volk der Shotet, und Akos vom benachbarten friedliebenden Volk. Durch die Vergangenheit ihrer Vorfahren verfeindet, durch die Schicksale ihrer Familie verbunden. Trotz aller Widerstände kommen sie sich näher. Und müssen sich entscheiden: sich gegenseitig zu helfen oder zu zerstören …
Meine Meinung:
Veronica Roth – dieser Name sollte allen Fantasy- und Dystopieliebhabern ein Begriff sein. Eigentlich müsste jeder diesen Namen kennen. Denn diese Frau ist die Autorin der Bestseller-Serie „Die Bestimmung“. Die Bücher, die – zumindest zu einem großen Teil – verfilmt wurden. Und als ich las, dass Veronica Roth erneut eine Geschichte geschrieben hatte, war mir sofort klar, dass ich diese Bücher lesen musste. Ich hoffte auf eine ähnlich packende, spannende Geschichte, wie es „Die Bestimmung“ für mich gewesen war.
Das Cover dieser neuen Serie, „Rat der Neun“, ist faszinierend und wirkt sehr mystisch. Es hat meine Neugierde nur noch zusätzlich verstärkt, sodass ich das Buch sofort gelesen habe, als es erschien. Nun aber in Anbetracht der Tatsache, dass in Kürze der zweite Teil erscheint, habe ich mich entschieden, noch einmal ganz von Anfang an in diese Geschichte einzutauchen.
Am Anfang der Geschichte lernt man Akos kennen. Er gehört zu der Familie Kereseth und ist der jüngste der drei Geschwister. Cisi ist die Älteste von ihnen, dann kommt Eijeh.
Akos´ Familie lebt auf Thuvhe, einem der Planeten der Galaxie. Thuvhe ist zweigeteilt: Es gibt die eiskalte Seite, dort wo die Thuvhesi leben. Und dann die Seite der Shotet, ein kriegerisches Volk.
Akos´ Mutter ist ein Orakel und besitzt somit die Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen. Denn die Welt, in der Akos lebt, ist durchdrungen, von etwas, was sie den „Strom“ nennen. Er fließt durch alles und jeden und es gibt Menschen, die außergewöhnliche Lebensgaben haben – eine besondere Fähigkeit. Zudem gibt es einige Menschen, deren Schicksal vorherbestimmt ist. Dazu gehören auch Eijeh und Akos. Doch ihre Mutter hat entschieden, dass es für die Beiden am Besten ist, wenn sie ihr Schicksal nicht erfahren.
Doch dann kommt der schicksalsschwere Tag, an dem der Hohe Rat die Schicksale offenlegt. Nur allzu schnell wird dieses Wissen von den Shotet missbraucht und sie fallen bei den Thuvhesi ein, um einige von ihnen zu erledigen oder sie zu kidnappen.
„Ich bin eine Dienerin des Schicksals“, erwiderte sie. „Ich kann mir nicht den Luxus erlauben, Partei zu ergreifen.“ (Seite 526)
Auch Akos und Eijeh werden verschleppt und finden sich schnell in der Gewalt der führenden Familie der Shotet wieder: Die Noaveks. Zu ihnen gehört nicht nur der grausame Ryzek, der Schmerz mehr als alles andere fürchtet und eine mächtige Lebensgabe hat, sondern auch Cyra. Das Mädchen mit den schwarzen Schatten auf den Armen, die Schmerz und Tod durch bloße Berührung bringen kann.
Während Eijeh in der Gewalt von Ryzek bleibt, wird Akos ausgebildet und kehrt zwei Jahre später zurück, um Cyra zu dienen und ihr zu helfen.
Das ist dann auch der Punkt, an dem die Geschichte richtig interessant wird. Akos, der nun zwei Jahre älter ist als zuvor, hat einige Schwächen ablegen müssen und hat sich dem Leben der Shotet in einigen Dingen angepasst. Doch auf der anderen Seite ist er immer wieder der stille Thuvhesi, der nichts anderes will, als seinen Bruder und sich selbst vor diesem Ort zu retten.
Cyra dagegen ist eigentlich ein Nervenbündel. Sie agiert auf den Befehl ihres Bruders hin und hinterfragt nicht viel. Sie ist einsam, so einsam, dass die Begegnung mit Akos für sie eine ganz ungewohnte und neue ist. Hinzu kommt auch noch, dass er sich nicht als schwacher und beugsamer Diener erweist. Doch das ist genau das, was Cyra hilft, endlich die Welt klar zu sehen und ihre Gaben und Fähigkeiten zu nutzen.
Ich finde diesen letzten Satz auf dem Klappentext mehr als passend: „Und müssen sich entscheiden: sich gegenseitig zu helfen oder zu zerstören.“ Denn genau darauf läuft es bei Cyra und Akos schließlich hinaus.
Während Cyra und Akos mittels ihrer gemeinsamen Zeit aneinander wachsen und zu starken und unbeugsamen Persönlichkeiten heranreifen, gibt es auch Dinge, die sie immer begleiten und die sie nie aus den Augen verlieren. Dass fand ich besonders schön, denn so wandelte sich der jeweilige Protagonist sehr passend und ohne sich dabei selbst zu verlieren.
„Ich bin ein Shotet. Ich bin scharf wie zersplittertes Glas und genauso zerbrechlich. Ich lüge besser, als ich die Wahrheit sage. Ich sehe die ganze Galaxie und erhasche dennoch nie einen Blick auf sie.“ (Seite 290)
Die Welt, in der Cyra und Akos leben, könnt vielfältiger nicht sein: Sie können in der Galaxie herumreisen und Planeten besuchen, die sich in vielen Hinsichten komplett unterscheiden. Ich hoffe, dass man im zweiten Band noch ein wenig mehr Einblicke in die anderen Völker bekommt!
Die Geschichte mit den Schicksalen und den Orakeln spielt ebenfalls eine große und wichtige Rolle. Denn dass die Schicksale sich immer erfüllen, daran hat bisher niemand Zweifel. Bei einigen ist die Weissagung so klar, wie es nur geht, während andere eine Prophezeiung erhielten, die viel Spielraum lässt. Wie einige Protagonisten versuchen, gegen ihre Schicksale anzukämpfen, finde ich sehr spannend. Ich bin neugierig, wie der nächste Band darauf eingehen wird.
Neben Cyra und Akos gab es natürlich noch einige Nebenprotagonisten, die mal mehr und mal weniger mein Herz erwärmen konnten. Vas, der getreue Diener von Ryzek, war mir vom Anfang an zuwider. Jorek konnte ich zuerst nicht einschätzen, aber Otega, eine alte Dienerin von Cyra überzeugte mich mit ihrer Weitsicht und Offenheit.
Das Ende des Buches hat mich nur teilweise überrascht. Das eine oder andere hatte ich schon vermutet und ich kann es gar nicht erwarten, herauszufinden, was diese Entwicklungen für Konsequenzen mit sich bringen.
Zusammenfassend bleibt nur zu sagen, dass Veronica Roth mit „Rat der Neun – Gezeichnet“ ein genialer, sehr überzeugender und fesselnder Auftakt gelungen ist. Die Geschichte hat so viele Elemente und man bekommt ein umfassendes Bild über die Welt, in der Cyra und Akos leben. Ich hatte nie das Gefühl, dass irgendeine Entwicklung überhastet kam oder dass sie nicht zu den Charakteren passte. Und obwohl ich das Buch nun schon zum zweiten Mal gelesen habe, konnte ich es kaum aus der Hand legen.
Lesen, wenn: Ihr spannende Fantasy mögt und gerne in eine ganze Galaxie voller unterschiedlicher Planeten eintauchen wollt. Und wenn ihr mitansehen wollt, wie Gaben und Schicksale das Leben der Menschen bestimmen können.
Nicht lesen, wenn: Ihr keine Geschichten mögt, die im Weltraum spielen. Oder wenn ihr nichts von Prophezeiungen und Magie haltet.