Klappentext:
Elektra Hamiltons Leben ist einfach perfekt. Isabels ist das glatte Gegenteil davon, dabei sieht sie Elektra zum Verwechseln ähnlich. Als sie Elektras Identität annehmen soll, glaubt sie sich der Erfüllung ihrer Wünsche zum Greife nahe. Doch alles hat seinen Preis und Isabel ahnt bei Weitem nicht, worauf sie sich da eingelassen hat …
Meine Meinung:
Das Buch „Becoming Elektra“ hat mich aus mehreren Gründen angezogen: Ein deutscher Schriftsteller kommt mir ansonsten sehr selten unter – im Bereich der Fantasyabteilung von Jugendbüchern sind Männer als Autoren irgendwie kaum vertreten. Noch seltener sind sie dann aus Deutschland. Zudem hat mich das Cover angefixt. Ich hatte es zuvor schon auf der Website von Alexander Kopainski entdeckt und es nun in der Realität vor mir zu haben, hat mich dazu bewogen, das Buch zu lesen.
Ehrlich gesagt hat mich der Klappentext auf eine falsche Fährte geführt. Ich dachte, dass das Grundkonzept etwas von dem doppelten Lottchen oder ähnlichem hätte. Dass also die Ähnlichkeit zwischen Elektra und Isabel nur zufällig ist. Doch man erfährt relativ schnell, dass Isabel Elektras Klon ist und damit ganz gewollt ‚hergestellt‘ wurde.
Klone sind ziemlich praktisch: Das Original braucht eine neue Niere? Die wird dem genetisch-perfekt-angepassten Klon entnommen. Die Klone sind Menschen, die einzig zu diesem Zweck entstehen.
Isabel hat nun das vermeintliche Glück, dass sie Elektras Identität annehmen soll. Sie soll die Persönlichkeit von Elektra widerspiegeln und so ihren Platz in der Familie einnehmen. Dafür muss Isabel ihre Freunde und ihre Schwester Kelsey verlassen und in das Leben der reichen und mächtigen Hamiltons eintauchen. Von ihr wird verlangt, dass sie ihre Persönlichkeit als Isabel ablegt und ganz und gar zu der bekannten Elektra wird. Die Herausforderung besteht darin, dass sie ihrer ganzen neuen Umwelt glaubhaft machen muss, dass sie die wahre Elektra Hamilton ist.
Isabel als Hauptprotagonistin ist eine junge Frau mit eigenen Wünschen und Träumen. Sie ist ihrer Schwester und ihren Freunden gegenüber sehr loyal und neigt dazu, ihren eigenen Weg zu verfolgen und sich das Recht herauszunehmen, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten zu wollen. Das kommt natürlich nur bedingt gut an. Sie hat starke Ideale, ist aber auch immer wieder sehr naiv und an einigen Stellen etwas zu gutgläubig. Dadurch, dass sie lange im Institut gelebt hat, kennt sie die wirkliche Welt kaum und ist begeistert von all den Möglichkeiten und Erschaffungen, die sie fortan umgeben.
Die Spannung ist zumindest unterschwellig immer da. Der Einstieg hat mir wunderbar gefallen und auch der Aufbau der Plotline konnte mich überzeugen. Man hat wie Isabel stets versucht herauszufinden, wem man trauen kann und wem nicht. So, wie sie ihre Umgebung ganz neu kennenlernt, bekommt man einen guten Einblick in die von Christian Handel geschaffene Welt, die zwar viele technischen Ideen beherbergt, aber dennoch einen Mix aus der momentanen Realität und einigen beinahe mittelalterlich-anmutenden Ritualen beinhaltet.
Das Grundthema des Buches hat mich auf jeden Fall sehr begeistert. Die Vorstellung einer Zukunft, in der Menschen so weit gehen und genetisch perfekte Abbilder von sich erschaffen, erscheint mir zwar etwas abstrakt, doch es würde mich ehrlich gesagt auch nicht verwundern, wenn irgendwelche reichen Menschen das jetzt schon machen. (Das erinnerte mich an eine dieser reichen Frauen, die genetischen Zwilling ihres verstorbenen Hundes gezüchtet hat. Wie weit ist es dann noch bis zu Klonen?) Der Autor greift grundsätzliche Fragen auf, inwiefern es ethische vertretbar ist, Reserveorgane etc. zu züchten. Gesteht man diesen Klonen ein eigenes Leben zu? Wer bestimmt, wie diese Menschen leben? Wie sollen sie ausgebildet werden? Wie steht es um den freien Willen und das Recht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen?
Zusammenfassend bleibt nur zu sagen, dass hinter dieser spannenden Geschichte, die von Macht und Liebe handelt, ernste Themen stecken, die zum Nachdenken anregen. Mit dem Cliffhanger greift Christian Handel ein weiteres, spekulatives und ethisch-fragwürdiges Thema auf. Ich erhoffe mir eine starke Auseinandersetzung damit im nächsten Teil.
Lesen, wenn: Ihr eine spannende Geschichte lesen wollt, die darauf eingeht, wie unmenschlich Menschlichkeit manchmal sein kann.
Nicht lesen, wenn: Ihr lieber nicht darüber nachdenken wollt, wozu einige ausgewählte mächtige Mitglieder moderner Gesellschaften fähig sein können.