Interview mit einem Vampir von Anne Rice

Interview mit einem Vampir von Anne Rice

Hintergrundinfos:

Titel: Interview mit einem Vampir

Autorin: Anne Rice

Seitenzahl: 480 Seiten (Ausgabe 2021)

Verlag: blanvalet

Erscheinungsdatum: 05.05.1976

Klappentext:

Gerade erst fünfundzwanzig Jahre alt ist der schöne Louis, als er im New Orleans des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts zum Vampir wird – „gezeugt“ von Lestat de Lioncourt, dem unbelehrbaren Rebellen unter den Kindern der Nacht. Lestat wird für Louis zum geliebten Lehrmeister, der ihn in die Welt der Dunkelheit einführt. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach anderen Untoten, nach Gefährten und Abenteuern in der dunklen Unsterblichkeit.

 

Meine Meinung:

Es hatte schon etwas von einem Omen. Als mein Buchclub und ich uns entschieden, uns mit diesem Klassiker von Anne Rice zu beschäftigen, starb die Autorin. Was nun mit diesen Zusammentreffen von Ereignissen anzufangen ist, kann ich selbst nicht sagen – aber für mich fühlte es sich wie ein Zeichen dafür an, dass es gut und richtig war, ihr praktisch damit eine gewisse Ehre zu erweisen.

Ich kannte bis auf die Besetzung des Films nichts von dieser Geschichte und stieg so sehr neugierig in die Story ein.

Augenblicklich findet man sich in jenem Setting wieder, das dem Buch auch seinen Titel gibt – und zwar in einem Interview zwischen einem jungen Mann und dem Vampir Louis, der dem anderen seine Lebensgeschichte erzählt.

Diese beginnt in Louisiana Ende des 18. Jahrhunderts. Louis ist ein Sohn einer Gutsfamilie, die mit dem Verlust eines weiteren Sohnes klarkommen muss. Dieser Verlust begleitet Louis noch sehr lange, weit über sein menschliches Leben hinaus. Denn in dieser Zeit lernt er auch Lestat kennen, der ihn in einen Vampir verwandelt und damit alles ändert, woran Louis jemals geglaubt hat.

Der nun junge Vampir muss lernen, sich mit seinem neuen Dasein zurechtzufinden und gleichzeitig Lestat lesen lernen. Denn der andere Vampir nutzt seine Machtposition und sein scheinbares Wissen über die Vampirwelt, um Louis bei sich zu halten und von dessen Geld und Besitz zu profitieren. Schon bald werden die beiden Männer zu einem ungleichen Gespann, dass weder so wirklich miteinander noch ohneeinander kann.

Als von ihrer beider Leben und Vergangenheit kaum mehr etwas übrig ist als Asche ziehen die Vampire nach New Orleans weiter und tauchen in das bunte Treiben dieser Stadt ein. Dort begegnet ihnen auch Claudia – ein Kind, das von da an das Trio komplett macht. Und mit Claudia, die die Dynamiken zwischen Louis und Lestat noch einmal verändert, beginnt die Suche nach dem, was es heißt, ein Vampir zu sein.

Eigentlich bis zum Ende war es für mich schwer, einzuschätzen, wo genau das Buch hinwill und was der Kern der Geschichte ist. Er offenbarte sich mir dann doch und ist im Rückblick doch sehr greifbar. Ich bin so offen und verrate ihn euch hier – falls ihr ihn nicht wissen wollt, dann lest nicht weiter.

Insgesamt geht es darum, wie Louis sein Verhältnis zu seiner Menschlichkeit klärt. Er ist jahrzehntelang auf der Suche einer Art Sinn des Lebens und versucht immer wieder Erklärungen und Anhaltspunkte für das Gute und das Böse zu finden. Er kämpft mit seiner Natur, die ihn dazu verleitet, anderen Menschen wehzutun und sein Drang nach einer handfesten Erklärung für sein Dasein ist allgegenwärtig.

Dieser Drang macht auch seine Beziehung zu Lestat und Claudia aus. Während Lestat ihm das verweigert, was er sucht – Antworten auf seine Fragen – hat er in Claudia beinahe eine Gleichgesinnte, die so wissbegierig ist und alles erfahren will. Doch all das entwickelt sich in eine ungleiche Abhängigkeit, die von unerfüllten Bedürfnissen, scheinbarer Liebe und falscher Verbundenheit geprägt ist.

Ein ums andere Mal wird deutlich, warum dieses Buch ein Klassiker dieses Genres ist. Anne Rice schafft es immer wieder, eine düstere Atmosphäre zu erzeugen und das Leid und die Sehnsucht von Louis immer wieder in Szene zu setzen. Ab und an legt sie einen Fokus auf einzelne Vorgänge, nur um dann andere Szenen nur am Rand zu erwähnen – was der Geschichte insgesamt eine spannende und unvorhersehbare Dynamik bringt. Manchmal war mir dieses Ungleichverhältnis zu groß, aber der Wunsch von mir, zu erfahren, was der Kern der Geschichte ist, hat mich immer dran bleiben lassen.

„Interview mit einem Vampir“ ist eine einzigartige Interpretation des Vampir-Mythos. Anne Rice erschafft bei den Leser*innen eine mystische Atmosphäre und den Wunsch, zu erfahren, warum Louis so rastlos ist und wie eine Seele, der Menschlichkeit so innewohnt, mit der Unsterblichkeit umgeht. Mit spannenden Plottwists, eleganten Darstellungen und tiefgründigen Gedanken hat die Autorin daher selbst ein Buch erschaffen, das mit Sicherheit unsterblich bleiben wird.

 

Lesen, wenn: Ihr das Ringen eines Vampirs mit dem Umgang seiner Unsterblichkeit begleiten wollt.

Nicht lesen, wenn: Ihr eine klarstrukturierte und rasante Story lesen möchtet.

Teile diesen Beitrag

Schreibe einen Kommentar